Kolumnen

Für die Langnauer "Wochen-Zeitung"und den Huttwiler "Unter-Emmentaler" schreibe ich seit 1991 jeweils für eine beschränkte Zeit Kolumnen. Die untenstehende aus der letzten "Staffel" ist ein vorläufiger Schlusspunkt.                                                                        Ganz unten auf dieser Seite finden Interessierte die gesammelten Werke in PDF-Form.


28. Dezember 2018

 

Binna Burra

 

 

 

Die Reise nach Australien ist lang und beschwerlich, zumindest für durchschnittlich betuchte Mitteleuropäer. Doch es gibt gute Gründe dafür, sich trotzdem ans andere Ende der Welt aufzumachen. Neben der Familienzusammenführung ist einer der besten Binna Burra. Im Süden von Queensland, an der Ostküste Australiens, befindet sich der Lamington Nationalpark. Binna Burra liegt an dessen Nordrand und besteht aus einer altehrwürdigen Lodge, einigen uralt-gemütlichen Cabins sowie einem Campground und ist Ausgangspunkt für den Bellbird Circuit, eine der schönsten Wanderungen des Kontinents. In Australien durch die Natur zu streifen, ist zwar immer etwas Besonderes, doch dieser vierstündige Track vereinigt so ziemlich alles, was die Region in Sachen Flora und Fauna zu bieten hat.

 

Hier durch den Regenwald zu wandern, ist ein eindrückliches Erlebnis und – in wunderbarer Art und Weise – auch eine umfassende Herausforderung für alle Sinne. Ungezählte Pflanzenarten überbieten einander mit einer Fülle von Formen und Farben. Junges Blattgrün kontrastiert mit den Brauntönen der Äste und Stämme zahlreicher Baumarten, feinste Lianen und knorrige Arme der Würgefeige umschlingen ihre Wirtsbäume. Blüten und Blumen sorgen da und dort für farbige Akzente. Gefallene Baum-Riesen bleiben jahrzehntelang liegen, werden nach und nach von Pilzen und Farnen überwachsen und bieten Kleintieren Unterschlupf. Vögel sind fast immer zu hören, allerdings seltener zu sehen. Auch Echsen, Kängurus oder Schlangen bekommt man eher zufällig zu Gesicht, am ehesten noch, wenn man sich Zeit nimmt und für ein paar Minuten still verharrt. Selten sind auch Begegnungen mit Menschen. Die überwiegende Mehrheit des zeitgenössischen Homo Australiensis zieht es vor, sich wahlweise entweder in überdimensionierten, gepanzerten Geländewagen fortzubewegen oder in gigantischen, labyrinthartigen (jedoch klimatisierten!) Konsumtempeln herumzuschlendern. 

 

Wer sich zum ersten Mal in den australischen Regenwald aufmacht, wird sich über die angegebenen Wanderzeiten wundern, die auf einem angenommenen Tempo von etwa 3 km/h basieren. Schon bald aber wird klar, dass die Wegbauer der Nationalparks in ihre Angaben zum Glück und in weiser Voraussicht das Staunen, Verweilen, Bewundern und Fotografieren eingerechnet haben.

 

 

 

An dieser Stelle sind dies meine vorerst letzten Zeilen für die «Wochen-Zeitung». Das Schreiben und Ihre Rückmeldungen haben viel Freude bereitet. In diesem Sinn: Herzlichen Dank, vielleicht auf ein Wiederlesen und immer alles Gute!


01. November 2018

Sumiswald först!

 

Wie Herr Rilke vorzeiten schon einmal festhalten durfte: Der Sommer war sehr gross. Er hat uns eingeheizt, Wasser weitgehend vorenthalten und für einen überreichen Segen an Früchten und Gemüse gesorgt. Nun lassen sich allerdings nicht all meine Grundbedürfnisse durch die Frucht der Anbaukünste meiner Liebsten decken. Also widerfuhr mir kürzlich Ungeheuerliches in meiner Lieblingschäsi.

Nichtsahnend wende ich mich nach dem Kauf der gängigen Artikel dem Gestell mit den Schangnauer-Merängge zu: Gähnende Leere. Zaghaftes Nachfragen, ungläubiges Staunen… «Gerade ausverkauft» ginge ja noch, das kann bei solchen Wunderdingelchen schon mal passieren. Ein Lieferengpass, der sich über mehrere Wochen (!) erstrecken könne, so etwas hingegen…

Ich weiss, ich weiss, ich hätte das an sich positiv sehen sollen. Die Feinback-Künstler dort hinten im Schangnau können ja nicht einfach eine weitere Produktionsstrasse hochfahren, schliesslich ist jedes dieser köstlichen Teilchen handgespritzt. Ich wäre denn auch mehr oder weniger klaglos bereit gewesen, halt vorübergehend mit irgendwelchen bleichen Imitaten Vorlieb zu nehmen – wenn ich nicht zufällig und ohne Böses zu ahnen auf einem Reisli mit allergrösstem Erstaunen hätte feststellen müssen, dass das zarte Schangnauer Gebäck sehr wohl erhältlich ist. Zum Beispiel auf dem Hirzel oder in Thusis! Sackweise!

Jetzt sagen Sie selber: Ist solches nicht schlicht und einfach skandalös? Ausgerechnet wir Emmentaler sollen zugunsten der Restschweiz auf ein hiesiges Qualitätsprodukt verzichten? Das wäre ja in etwa so, als würden die Tigers einfach mal zwischendurch ein paar Heimspiele in Zuchwil (nichts gegen Zuchwil!) austragen. 

Bei aller Verbundenheit mit unseren lieben Landsleuten, so etwas geht gar nicht! Was die Meränggen angeht: Ich fordere in Sachen Liefer-Priorität unmissverständlich und nachdrücklich «Sumiswald först!» Oder meinetwegen «Emmental först!» – aber sicher nicht Hirzel oder Thusis, gäuit! Die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln muss regional gesichert und gewährleistet bleiben.

Die Sache hat sich inzwischen übrigens eingerenkt, das Schangnauer Schaumgebäck ist wieder erhältlich. In gesundheitlicher Hinsicht sind solcherlei Unregelmässigkeiten allerdings nicht ganz unproblematisch. Es ist ein wenig wie mit den ausgetrockneten Quellen nach diesem trockenen Sommer. Wenn für diese wochenlange Regenperioden vonnöten sind, so muss ich mich ordentlich ins Zeug legen, um meinen Merängge-Pegelstand zu justieren.

 


06. September 2018

Wollen hätt’ ich schon mögen…
Es ist zum Verrücktwerden. Den Redaktionsschluss drohend vor dem geistigen Auge knorzt man an einer neuen Kolumne herum, hirnt, formuliert, verwirft, beginnt neu – und nur, um sich schliesslich doch einer gänzlich neuen Idee zuzuwenden. So weit so ungut, das ist meist so. Just in dieser heiklen Schöpfungsphase stolpert man dann aber nichtsahnend und dementsprechend ungewappnet in einer Zitatensammlung über Karl Valentin, respektive dessen Spruch «Es ist schon alles gesagt, nur nicht von allen». Erbarmungsloser kann man schreibende Menschen nicht stoppen, brutaler zart spriessende Ideen-Pflänzchen nicht zertreten. So muss vergleichsweise einem Boxer zumute sein, wenn er in einen «Öpperkött» hineingelaufen ist, oder von mir aus auch einem Teenie, dem man das Handy versteckt hat. Auf solche Katastrophen folgen unweigerlich Momente der Leere, dunkle Wolken schieben sich vor die Zukunft; die Hoffnung auf einen brauchbaren Text, einen Sieg oder ein lebenswertes Dasein an sich ist zerschlagen. Nun hat unsereiner ja gelernt, die Flinte nicht so schnell ins Korn zu werfen. Trotzdem, viel hat nicht gefehlt, und ich hätte das Unterfangen diesmal sein lassen. Der Redaktion hätte ich ein Mail mit einem andern Valentin-Zitat zukommen lassen: «Mögen hätt’ ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.» Wenn doch eh schon alles gesagt ist – also bestenfalls noch ein müdes Abwinken bei der verehrten Leserschaft? Weil: Alles schon hundertmal gehört, gelesen, diskutiert! Als «üble Sache» würde Maloneys Freund und Helfer dies wohl bezeichnen; übel für diese Zeitung – gelangweilte Lesende sind schlecht fürs Geschäft – übel für mich und, wenn ich denn je von Ihrer Langeweile erfahren sollte, der Stabilität meines Seelen-Friedens sicher nicht zuträglich.Wie auch immer: Lesen Sie wieder einmal Karl Valentin (bitte nicht Walentin, man sagt schliesslich auch nicht Water), diesen grossartigen deutschen Humoristen. Auch wenn schon zu seiner Zeit bereits alles gesagt war. Wie Sie unschwer erkennen, habe ich diese Kolumne also trotz allen Ungemachs abgeliefert. Besagtes Mail an die Redaktion wäre dann doch etwas gar billig gewesen. Ich habe mich selber ein wenig ausgetrickst, und damit gleich auch den Herrn Valentin dank gelinder Anpassungen mit dessen eigenen Waffen geschlagen. Wenn seine eingangs zitierte Aussage im Original zutrifft, muss folgerichtig ja auch meine Version gelten: «Es wurde schon alles gelesen, nur nicht von allen.»

12. Juli 2018

Auf Messers Schneide

 

Eigentlich wollte ich mich heute über etwas ganz anderes auslassen. Themen wie der stotternde Weltmotor, Trumpistan und andere Schurkenstaaten oder überhaupt der allgemeine Zerfall der Werte, hätten bei meinem momentanen Gemütszustand einiges hergegeben. Aber zum einen wird solcherlei ja zur Genüge breitgewalzt, und zum andern ist gerade etwas viel Wichtigeres und vor allen Dingen Angenehmeres passiert: Ich habe mich mit Onkel Theo versöhnt. 

 

Zerwürfnisse mit Theo, deren Reparatur eingeschlossen, pflegen nach einem erstaunlich konstanten Prozedere zu verlaufen. Im Anschluss an ein zumeist ziemlich wüstes Wortgefecht herrscht zwischen uns zunächst für ein knappes halbes Jährchen Funkstille. Dann aber liegt eines Tages eine unter- oder überhaupt nicht frankierte Postkarte im Briefkasten mit den Worten «Wir müssen reden», gefolgt von einer präzisen Orts- und Zeitangabe. Die Zeit ist stets zwölf Uhr; die Örtlichkeit dagegen wechselt, ist aber in jedem Fall ein angeschriebenes Haus, das in gastronomischer Hinsicht über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügt. 

 

Damit kann sich der Kreis schliessen. Was mit einem unschönen Disput begonnen hat, endet jetzt mit einem versöhnenden Arbeitsessen – oder, etwas weniger prosaisch – einem zünftigen Gelage, das in seiner Deftigkeit nicht selten die Grenze des Ästhetischen zu ritzen vermag. Wir verfügen ja beide über einen gesunden Appetit und neigen unter gewissen Umständen gar leicht zum Überborden; diesem förderlich ist zudem, dass Geiz nicht zu Theos Charakterschwächen zählt.

 

Unangenehmerweise wäre nun diesmal unser fragiles Verhältnis bei einem Haar schon kurz nach dem an sich so erfreulichen Einsatz für den Frieden gleich wieder entgleist, und es wäre zu billig, den paar den Merängge folgenden Gläschen des köstlichen «Vieille Poire» dafür die Schuld zu geben. Als Theo den vor der Alpwirtschaft parkierten Mountain Bikes ansichtig wurde, nahm das Unheil seinen Lauf. Nach genauerem Hinschauen und der Feststellung, dass sieben der elf Bergräder elektrifiziert waren, begann Theo alsogleich und lautstark über lauwarme Töfflibuben, saftlose Möchtegernsportler und Stromstrampler zu referieren. Er war kaum zu bremsen, und meinen Einwurf, dass halt auch Bergvelo-Fahrer alt und gebrechlich werden und dann auf Steighilfen angewiesen sind, wollte Theo à tout prix nicht in seine Überlegungen einbeziehen. Ich habe ihn diesmal um des Friedens willen schwadronieren lassen. Es wäre ja auch jammerschade um das wirklich erfreuliche Mittagsmahl gewesen.

 


17. Mai 2018

 Rodscher! Rodscher?

 

Gelegentlich beissen sich einmal gesetzte Flöhe in meinem Ohr fest...

Unlängst entfuhr mir während des Sportrückblicks bei einem jener sensationellen Federer-Returns ein Jauchzer. Meine Liebste kommentierte denselbigen ungerührt: «Reg dich nicht so auf, solche Bälle haben Aliens eben drauf – sag doch selber: Kann ein einziger von insgesamt siebeneinhalb Milliarden Menschen so viel Können, so viel Gutes und Erhabenes auf sich vereinen? Derart perfekt Tennis spielen, dass die andern daneben wie Hornusser-Schnupperstifte aussehen? Über Jahrzehnte hinweg alles gewinnen, was es zu gewinnen gibt? Welt-, Europa- und Schweizer Sportler des Jahres und nebenbei Ehrendoktor und Unicef-Botschafter werden, Hilfsprojekte unterstützen und doch locker mal bei einem jugendlichen Fan einen Hausbesuch einstreuen? Und – wieso ist Herr Supermann eigentlich militärdienstuntauglich, jedoch so gut wie nie gesundheitlich angeschlagen?

Der Microsoftie-Bill hat nicht grundlos kürzlich gesagt, dass bei Rodscher die Gesetze des Alterns ausser Kraft scheinen.»

 

Meinen Einwand, dass auch Herr Federer durchaus – wenn zugegebenermassen auch wunderselten – Fehler oder Schwächen offenbare, wischte meine Liebste vom Tisch: «Unzulänglichkeiten sind in Rodschers Fall nicht naturbedingt – sowas lässt sich der Glaubwürdigkeit halber gezielt programmieren.» Ich habe darauf nichts unversucht gelassen, meine Angetraute von der Absurdität ihrer Behauptung zu überzeugen, habe argumentiert, ihr einen wortreichen Exkurs zum Unterschied zwischen über- und ausserirdisch aufgenötigt und sie letztlich sogar bezichtigt, eine Verschwörungstheoretikerin zu sein. Verzweifelt habe ich endlich auf Knien an ihren gesunden Menschenverstand appelliert… Sie blieb unbeeindruckt und verweigerte sich einer weitergehenden Diskussion – und damit war der eingangs erwähnte Floh definitiv installiert. Ein unheilvolles Grübeln nahm seinen Anfang. 

 

Meine Zweifel sind nicht verblasst, wurden eher noch genährt. Nicht zuletzt durch den Umstand, dass Herr Federer ja kein Rosché, sondern ein Rodscher ist. Wer weiss, vielleicht lässt sich dies ja auf die letzten Worte zurückführen,

die Klein-Federlein von der Alien-Besatzung seines UFOs zu hören bekam. Falls diese nämlich ihr Flugobjekt in der Nähe von St. Chrischona sanft in die «In den Säugümpen» genannte Matte gesetzt hätte, wäre ja wohl alsbald von oben die Anweisung gekommen: «Ok, ihr könnt ihn jetzt aussetzten.» – «Rodscher.»

Der Rest wäre Geschichte. Oder auch nicht. 

 


22. März 2018

Das kleine Extra

 

Hunziker – seine zahlreichen Vornamen und akademischen Titel sparen wir uns an dieser Stelle – hat sich unlängst in einer renommierten Kulturzeitschrift zum Thema Trinkgeld geäussert. Eine ganze Seite munteres Gedankenturnen, Zweifeln, Erklären und Dozieren gipfelt in der Schlussfolgerung – und die lasse sich glaubhaft belegen! – dem Servicepersonal Trinkgeld zu geben sei irrational, unfair, rassistisch und sexistisch. In eben dieser Reihenfolge. 

Klar, Hunziker darf das, er kann geben oder behalten, was und wie es ihm gefällt. Juristisch gesehen hat er ja ohnehin recht, in der Schweiz gilt das Trinkgeld seit über vierzig Jahren als in der Zeche inbegriffen.

Wieso ich mich also ob Hunzikers Abhandlung echauffiert habe, weiss ich auch nicht so recht. Gewöhnlich buche ich Derartiges relativ unbeeindruckt als fehlgeleitete Darmwinde ab; Hunzikers Schreibe aber ist mir halt doch irgendwie lätz eingefahren. 

Eh ja, es geht hier um einen Aspekt im Leben von Berufsleuten, die täglich acht Stunden auf den Beinen stehen, den Launen, Nörgeleien und dem Palaver der Gäste ausgesetzt sind – aber trotzdem, bitteschön, immer freundlich, flink und fehlerfrei sein sollen. Feingefühl gilt als Voraussetzung, das eigene Befinden ist nicht gefragt und bleibe gefälligst unter dem Deckel. Dazu folgt allmonatlich mit der Überweisung des Salärs schwarz auf weiss die Bestätigung, dass man in diesem Beruf nach wie vor am untersten Ende der Schweizer Lohnskala herumdümpelt (Hunziker erhält mindestens das Dreifache). Das Bewirten von Gästen ist eine Kunst. Solides Handwerk allein reicht nicht aus, in diesem zwischenmenschlichen Bereich geht es nicht ohne das feine Gespür für Kleinigkeiten. Bedienen erschöpft sich nicht im trivialen Auftafeln von Esswaren und Tranksame; Freude, Aufmerksamkeit und Fingerspitzengefühl sind unabdingbar, eine Prise Humor eine wunderbare Zugabe. Wer solch kunstvolles Tun beherrscht, darf nebst Komplimenten noch etwas über den eigentlichen Rechnungsbetrag hinaus bekommen, das kann doch nicht falsch sein. 

Der Mensch Hunziker ist mir nicht näher bekannt. Nicht ganz ausschliessen will ich jedoch nach dem Lesen seiner Abhandlung, dass er sich als das lebende Argument fürs Trinkeldgeben eignen könnte, soll heissen: Wer sich mit Gästen seiner Gattung abgeben muss, kann gar nicht genug verdienen. So betrachtet wäre ein Trinkgeld von Hunziker, wenn er denn eines gäbe, auch nicht als Anerkennung zu verstehen. Es wäre freiwillig herausgerücktes Schmerzensgeld. 

 

 


25. Januar 2018

Brachland und andere Knörze

 

Die Anfrage dieser Zeitung, ob ich wohl geruhe, weiterhin zu kolumnisieren, zeitigte diesmal unruhige Tage und schlafgestörte Nächte. Es ging, respektive geht um immerhin sieben weitere Texte, um rund 17’000 weitere Zeichen, die zum einen einigermassen Sinn ergeben und zum andern – in welcher Form auch immer – berühren sollen. Als nichtprofessioneller Schreiberling gelangt man da unweigerlich ins Werweissen – und dabei früher oder später zur Erkenntnis, ein wenig beschränkt zu sein. Das tut zwar nicht weh, ernüchtert aber ungemein: Keine Rede von unerschöpflich was den Vorrat an geistreichen Geschichten angeht, von dauernd sprudelnden Inspirationsquellen keine Spur – Trappatonis leere Flaschen grüssen ganz leise aus dem Hinterstübchen.

Aber nicht nur das. Die inwendig brachliegenden Kreativflächen werden durch äussere Vorgaben zusätzlich eingezäunt. Beispiele: Politisches ist tabu. (Keine Chance für ein paar klärende Worte zu dieser unseligen Selbstzerstümmelungs-Initiative von Anfang März, kein Wort über die tragisch-gefährlichen Lachnummern in den weissen und andersfarbigen Regierungstempeln der Welt). Dann müssen die Kolumnen hochdeutsch abgefasst sein. (Schade, wie heimelig würden sich Sätze wie «Zwo Grampolschybe han i däm Scheum für das Waueliwachs ggä!» doch ausnehmen.) Erotisches ist auch nicht gefragt, obwohl ein wenig Sinnesfreude der Kolumne hie und da wohl ganz gut bekäme. Was solls, seit #MeToo weiss man sowieso nicht mehr so genau, wer was und warum unter Sex versteht, respektive zu verstehen hat. Das Lust(!)ige ist, zumindest medial, aus den zwischengeschlechtlichen Beziehungen weitgehend verschwunden. 

Zu allem Übel habe ich mich auch noch mit Onkel Theo verkracht. Er hat sich kürzlich schaurig über Menschen echauffiert, die sich ausserhalb ihrer Behausung grundsätzlich mit dem Auto fortbewegen. Als ich eingewendet habe, dass die weder für ihren mangelnden Gleichgewichtssinn noch allfällige weitere Behinderungen etwas können, ist er ausfällig geworden und hat mich als philanthropischen Warmduscher beschimpft. 

Trotzdem, entgegen aller Vernunft, habe ich der Redaktion für ein weiteres Jahr zugesagt; und gleichzeitig den hier tätigen Logistikfachleuten EFZ Distribution versprochen, die jeweils sackweise anfallenden Liebes-, Schmäh- und Werbebriefe selber auf der Post abzuholen… So, ich höre den Latour im Hintergrund schon ungeduldig «Itz nähmet dä Gränni us der Zytig!» quengeln.

Ich habe für diesmal fertig. Gehabt Euch wohl!  



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Die Kolumnen aus dem "Unter-Emmentaler" vom Juli 1991 bis Dezember 1993
1. Kolumnen Juli 1991 - Dez. 1993.compre
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Die Kolumnen aus der "Wochen-Zeitung für das Emmental und Entlebuch" vom Juni 2002 bis Mai 2003
2. Kolumnen Juni 2002 - Mai 2003.compres
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Die Kolumnen aus der "Wochen-Zeitung für das Emmental und Entlebuch" vom Februar 2016 bis November 2017
3. Kolumnen Februar 2016 - November 2017
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