Albère Sacristain (1865 - 1954)

Der Aphoristiker Albère Sacristain wurde im Sommer 1865 in der kleinen Gemeinde Ranspach-le-Haut im Sundgau geboren. Er war der Sohn des Rheinschiffers Claude Sacristain und dessen Ehefrau Marleen van der Westhuizen, ihres Zeichens Tochter eines Limonadefabrikanten aus Streefkerk in Holland.

Leben und Wirken von Albère Sacristain bedürfen noch eingehender Erforschung, zuverlässige Quellen sind rar. Seine umfangreichen Notizen und Aufzeichnungen (siehe unten) nähren jedoch durchaus die Hoffnung, dereinst mehr über diesen ohne Zweifel interessanten Elsässer zusammentragen zu können.

 



Die Aufzeichnungen und Notizen Sacristains wurden unlängst im noch unsortierten Fundus einer Brockenstube der Heilsarmee entdeckt. Der Sundgauer hat zu Lebzeiten auf der Rückseite von Kalenderblättchen seine Gedanken und Überlegungen zu Papier gebracht und die über 12'ooo Zettelchen in drei Schuhschachteln ("Heschung Gingko") aufbewahrt. Wie diese den Weg in die Brockenstube gefunden haben, ist nicht bekannt. Möglicherweise könnte Sacristains Tochter Käthe damit in Verbindung gebracht werden. Sie hat dem Vernehmen nach während einiger Jahre im Oberaargau gelebt, ist inzwischen aber leider verstorben.

Wie dem auch sei: Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, Sacristains Notizen nach und nach aufzuarbeiten und die Gedanken dieses bislang unbekannten Elsässer Aphoristikers einem geneigten Publikum näherzubringen.

Die beigefügten Daten bezeichnen das Datum des betreffenden Kalenderzettels.


Man soll die Nacht nicht vor dem Morgen loben.

(Freitag, 15. Januar 1892)


Ein fauliger Charakter kombiniert mit politischer Macht - gut' Nacht...

(Montag, 30. Januar 1933)


Es ist abzusehen: Diese Brut armseliger und flachgeistiger Zeitgenossen wird Deutschland zugrunde richten.

(Sonntag, 19. Februar 1933)


Die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Menschen hat die Natur mit Grenzen versehen. Wieso nur ist dessen Dummheit davon ausgenommen?

(Freitag, 1. September 1939)


Wer sich treiben lässt, kann das Ufer nicht wählen. (Samstag, 8. Mai 1897)


Nicht alles, das auf dem eigenen Mist wächst, treibt schöne Blüten.

(Freitag, 20. September 1907)


Explizit linkes oder rechtes Denken hat zwangsläufig Schlagseite.

(Samstag, 2. März 1912)


Mit den Menschen hab ich's wie mit dem Wasser: Murmelnde Bächlein sind mir lieber als tosende Wasserfälle. (Sonntag, 16. Juli 1922)


An die Vernunft der Menschen zu appellieren ist in etwa ebenso erfolgversprechend wie die Suche nach Elefanteneiern am Nordpol.

(Donnerstag, 31. März 1938)


Nachlässige Rechtschreibung lässt auf flüchtiges Denken schliessen.

(Dienstag, 14. November 1893)


Diese sinn- und zweckfreien Anhäufungen von Biomasse, ganz offensichtlich vollendete Fehlschläge menschlicher Natur: Warum sind gerade sie so zahlreich in den verantwortungsvollsten politischen Ämtern eines Staates anzutreffen?

(Montag, 12. Juni 1939)


Es ist nichts Minderwertigeres als die, welche sich dem Kriegen, dem Töten und Zerstören verschrieben haben.

(Sonntag, 26. September 1943)